Reifen Stiebling kämpft für runderneuerte Reifen

Herne. Reifen Stiebling kämpft dafür, dass die Produktion von runderneuerten Lkw-Reifen wieder gefördert wird. Sonst stehen Investitionen auf der Kippe.

Christian Stiebling

Christian Stiebling

Eigentlich will Reifen Stiebling im Zuge von Innovation City als nachhaltiges Herner Unternehmen in Erscheinung treten, unter anderem will Firmenchef Christian Stiebling die Dächer der Gebäude an der Jean-Vogel-Straße mit einer großen Photovoltaik-Anlage bestücken. Doch diese Pläne - und noch mehr - stehen auf der Kippe. Der Grund: Nachdem bereits in diesem Jahr die Förderung von runderneuerten Lkw-Reifen - die Stiebling produziert - auf Eis gelegt worden war, ist sie für 2017 auch mehr als ungewiss.

Diese Förderung muss man erklären: Sie ist Teil einer Förderung für das deutsche Transportgewerbe. Dabei werden Einnahmen aus der Lkw-Maut verwendet, um Speditionen finanziell zu unterstützen, die Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit oder zum Schutz der Umwelt umsetzen. Auch der Kauf von runderneuerten Lkw-Reifen wurde bezuschusst, die so preiswerter wurden als Neureifen. Stiebling produziert pro Jahr rund 12 000 Reifen, sie sind eine tragende Säule des Geschäftsmodells.

Das Unternehmen hat in diesem Jahr 4000 runderneuerte Reifen weniger verkauft

Doch für 2016 wurde diese Förderung eingestellt, der Bundesrechnungshof sah bei den runderneuerten keine positiven Wirkungen mehr für die Umwelt. Für Christian Stiebling nicht nachvollziehbar, die Herstellung der erneuerten verbrauche deutlich weniger Erdöl, auch der Verbrauch der Rohstoffe sei mit Abstand geringer. Und was die Eigenschaften anbelangt: Erst vor wenigen Wochen hat der TÜV bescheinigt, dass der Rollwiderstand besser ist als bei Neureifen. Dennoch lehnte der Bundesrechnungshof eine weitere Förderung ab - für Stiebling mit spürbaren Folgen. Er habe im ablaufenden Jahr etwa 4000 runderneuerte Reifen weniger verkauft, das entspreche einem Umsatzverlust von rund 800 000 Euro.

Oliver Wittke, Gelsenkirchener Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Verkehrsausschusses, hatte Stiebling nach einem Betriebsbesuch im Frühjahr Hilfe zugesagt, doch der Erfolg hielt sich bislang in eng gesteckten Grenzen. Zwar ist eine Förderung von sogenannten Nicht-Antriebsreifen möglich, doch diese haben laut Stiebling lediglich einen Anteil von 30 Prozent. Der Verkehrsausschuss, so Wittke, plädiere für eine liberalere Auslegung der Förderrichtlinien, doch diese müssten EU-Recht und den Vorgaben des Bundesrechnungshof entsprechen. Er sieht noch Chancen, in der nächsten Woche in den entsprechenden Bundestagsausschüssen eine Änderung zu erreichen.
Der Branchenverband sieht durch die Gesetzeslage den Mittelstand gefährdet

Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk, schätzt die Chancen auf eine Förderung in 2017 als gering ein, die Entscheidung schädige den Mittelstand und gefährde Arbeitsplätze. Christian Stiebling konnte Kündigungen bislang vermeiden, weil sein Unternehmen breit aufgestellt ist, doch dies könne sich ändern, wenn die Förderung dauerhaft ausbleibe. Er ist bereit, eine Musterklage gegen das Aus für die Förderung durchzufechten.

Und zur Photovoltaikanlage: "Die soll zu 75 Prozent die Runderneuerung mit Energie versorgen. Ohne Runderneuerung brauche ich die Anlage nicht mehr."


>>: EINE MUSTERKLAGE KANN JAHRE DAUERN

Der Klageweg gegen die momentane gesetzliche Regelung könnte für Reifen Stiebling lange und beschwerlich werden. Das Problem:Das Un­ternehmen muss zunächst einen Antrag auf Förderung stellen. Wenn dieser abgelehnt wird, ist eine Klage möglich. Doch der Weg durch alle Instanzen kann Jahre dauern.